Am Donnerstag nach dem Tanken in Épernay trennt sich unser Weg von dem der Australier. Sie fahren weiter Richtung Paris, wir auf den Canal latéral à la Marne in Richtung Vitry. Noch halten wir an unserem Plan fest, über die Mosel nach Hause zu fahren. Auf dem Canal lateral a la Marne sind die Schleusen wieder selbst auszulösen und zu bedienen. Vor der Zufahrt greift man eine herabhängende Stange, führt eine Viertelumdrehung entgegen dem Uhrzeigersinn durch und damit sollte die Schleuse bereitgemacht sein. Das hat auch immer geklappt, auch wenn wir manchmal die Schleusenampel nicht einsehen konnten. Der Marne Seitenkanal wurde 1845 gebaut, um einen Abschnitt der Marne zu ersetzen, der zwischen Vitry-le Francois und Épernay schiffbar war. Dieser Abschnitt wird auch von Lastkähnen befahren. Ich habe gelesen, dass es sich überwiegend um Belgische Schiffe handelt, die Bleche nach Contrisson liefern und auf dem Rückweg in Châlons oder Vitry Getreide laden. Einige, insgesamt drei, dieser Frachter sind uns begegnet. Apropos Châlons-en-Champagne: Diesen Ort wollten wir besuchen. Wir hatten von einer interessanten Bootstour durch die Tunnel und Brücken unter der Stadt gehört und auch einiges zu Châlons gelesen. Wir erreichen Châlons am frühen Nachmittag. Es waren 3 Liegestellen in der Stadt ausgewiesen, davon eine vor der Schleuse, ein kleiner Hafen nach der Schleuse und eine lange Kaimauer. Die Kaimauer im Hafen war für Ausflugsboote reserviert und im Hafen gab es keinen Platz für uns. Die Hafenmeisterin winkte uns gleich weg, als wir an der noch freien Liegestelle für Kähne schauen wollten, ob noch Platz im Freizeithafen für uns sei. Wir sollten an den Kanalkai gehen. Hier allerdings hatten sich diverse Angler aufgereiht und hatten Ihre Angelruten weit über die Mitte des Kanals ausgebracht. Sie waren weder bereit, ihre Angeln etwas einzuziehen, noch Platz für uns zum Anlegen zu machen. Hier konnten wir nicht gewinnen. Uns blieb nichts anderes übrig, als weiterzufahren. Allerdings wussten wir schon, dass es kaum Liegemöglichkeiten am Kanal geben würde und bis Vitry war es zu weit. Die Strecke beträgt insgesamt ca. 63 km. Erst nach insgesamt 52 km fanden wir einen vernünftigen Kai in dem Örtchen Pogny. Wir machten 17:40 fest und waren einigermaßen erledigt.

Am folgenden Morgen konnten wir dann nach Vitry-le-Francois weiterfahren. Es waren nur noch knapp 20 km. Wir hatten im Hafen von Vitry angerufen und das o.k. bekommen, hier liegen zu können. Das hatten wir übrigens auch in Châlons versucht, nur dort war niemand zu erreichen. In der letzten Schleuse vor Vitry hatten wir ein Problem. Die Auslösung in der Schleuse war verklemmt, so dass wir VNF anrufen mussten. Obwohl es Mittagszeit war, kam jemand innerhalb von 20 Minuten. Der rüttelte manneskräftig an dem Gestänge und löste somit irgendwie die Blockade. Wir konnten weiter. Der Hafen in Vitry ist sehr eng. Er liegt in einem kleinen Stich, in dem von einer Seite zu Bäumen ausgewachsene Sträucher hereinragen. So war es übrigens im ganzen Kanal. Die Ufer werden dahingehend nicht gepflegt, so dass zu befürchten ist, dass irgendwann alles zugewuchert ist. Für uns ist gerade so viel Platz, dass wir rückwärts in die Box reindrehen können. In der Hafenmeisterei gibt es eine Dusche und ein WC. Beides ist nur während der Öffnungszeiten zugänglich, dafür aber in einem sehr guten Zustand. Wir verkriechen uns ins Boot und lassen die Klimaanlage laufen. Besichtigung und Sonstiges ist für Samstag vorgesehen. Wir stehen am Samstag schon 7:30 auf. Frank holt Baguette. Nach dem Frühstück wollen wir die etwas kühleren Morgenstunden nutzen, um das Boot etwas zu reinigen. Gegen Mittag machen wir uns in die kleine Stadt auf. Ein wenig haben wir uns gewundert über die Struktur der Stadt. Sie machte auf uns den Eindruck einer Garnisonsstadt. Zu Zeiten Julius Caesars gab es in der Nähe eine Veteranenkolonie. Im Jahr 1284 fielen die Champagne und das Perthois an die französische Krone. Das damalige Vitry-en-Perthois wurde im hundertjährigen Krieg vollständig zerstört. König Franz der I. baute den Ort in der Nähe wieder auf. Aus dieser Zeit stammt die geometrische Struktur. Im ersten Weltkrieg fand in der Gegend um Vitry eine der großen Marne-Schlachten statt. In Vitry befand sich das Hauptquartier von Joseph Joffre, französischer Oberbefehlshaber der Armee. Von hier aus leitete er die Kriegspolitik. Er bringt ruhmreich 1914 den deutschen Vormarsch an der Marne zu Stehen. Die folgenden Jahre sind allerdings für alle Entente-Staaten mit hohen Verlusten verbunden. Joffre wird Ende 1916 abgelöst, nachdem man ihm die Niederlage von Verdun zugeschrieben hatte. 1940 wurde Vitry zu 80 % zerstört, diesmal durch deutsche Fliegerbomben und Artilleriebeschuss. Später bombardierten die Alleierten das Bahnhofsviertel, so dass die Stadt zu 90% zerstört war. Der Wiederaufbau dauerte bis in die 1960iger Jahre.














Am Nachmittag kommen zwei weitere Boote in den Hafen. Die Franzosen haben zügig angelegt und fest gemacht. Die nachfolgenden Schweizer haben aus dem Festmachen eine Wissenschaft gemacht. Sehr erstaunlich, wie lange man damit verbringen kann, sein Boot zu fixieren.
Wir lassen den Tag ausklingen. Morgen geht es weiter auf den Rhein-Marne-Kanal.