Auf der Marne bis Épernay

Für Sonntag, den 11. Juni haben wir nur einen kurzen Trip geplant. Unser Ziel Château-Thierry erreichen wir nach rund 16 km und zwei Stunden Fahrzeit. In Château-Thierry gibt es eine Liegestelle für Kähne und eine Liegestelle für Boote unter 20 Metern. Als wir auf diesen Steg zufahren, kommt uns ein Privat-Kahn mit mehr als 20 Metern Länge entgegen. Da die Liegestelle von uns aus backbord ist, warten wir, um den Kahn passieren zu lassen. Die britischen Eheleute auf dem Kahn verständigen sich über Headset und legen zu unserer Überraschung an dem flachen Ponton an. Uns verschlägt es kurz die Sprache. Auf unseren Hinweis, dass für Boote dieser Größe der andere Liegeplatz vorgesehen sei, reagiert der Bootsführer nur dahingehend, dass wir ja dorthin gehen könnten oder bei ihm längsseits festmachen. Weder nach dem einen noch nach dem anderen stand uns nach dieser Aktion der Sinn. Ein anderes britisches Boot, welches schon an dem kleinen Steg lag, sprang uns zur Seite. Mit Mühe konnte der Eigner den anderen Bootsführer überzeugen, einen Meter weiter nach hinten an den Steg zu gehen. Mit Hilfe des Briten von dem kleineren Boot, welches aber größer als unseres war, lancieren wir uns in die Lücke zwischen beiden Booten. Wir hatten vorn sowie hinten maximal 10 cm Platz. Vielen Dank, dass das geklappt hat. Über den Charakter des Kahnführers sind wir uns schnell einig und klatschen das, wie unter Freunden, ab. Der Steg ist gut gelegen, es sind nur wenige Meter bis ins Stadtzentrum Am Kai befindet sich ein Restaurant. Strom und Wasser konnte man am Automaten kaufen. Leider gingen nicht alle Anschlüsse, aber auch hier hat uns der Brite mit einer Verteilerdose geholfen und mit an seinen Anschluss genommen. Im zweiten Anlauf ist es mir dann auch das gelungen, an der Säule zu bezahlen, denn das Display war schlecht zu lesen. Unser Plan war es, in die umliegenden Dörfer zu fahren und Champagner zu verkosten und ggf. zu kaufen. Trotz aufziehenden Gewitters haben wir uns auf den Weg gemacht. Mit unseren Rädern sind wir nach Brasles gefahren. Hier sollte sich ein Etikettenmuseum befinden, welches wir aber nicht gefunden haben. In dem Winzerdorf Gland gab es mehrere Winzerbetriebe. Wir fanden einen offenen Betrieb, in dem gerade zwei Männer aus Paris verkosteten. Wir durften uns dazusetzen und bekamen 1! Glas Champagner zum Kosten. Weitere Anstalten, uns eine Auswahl zu ermöglichen, machte der Weinbauer nicht. Die Pariser machten uns darauf aufmerksam, dass der Champagner bei diesem Winzer sehr teuer sei. Ungeachtet dessen haben wir eine Flasche von dem verkosteten Champagner für 36 Euro erstanden. Danach stieg die Freundlichkeit des Winzers etwas und er bot uns an, das voraussichtlich kommende Gewitter bei ihm abzuwarten. Ob der drohenden Wolkenkulisse entschieden wir uns für die Rückfahrt. Am Ortseingang von Château-Thierry war es dann so weit. Eh wir uns versahen, peitschte ein heftiger Gewitterguss durch die Straßen. Zuerst hatten wir uns notdürftig bei einer überhängenden Hecke untergestellt. Später standen wir völlig durchweicht unter dem Eingangsdach eines Ladengeschäftes. Der Guss dauerte nicht lange, reichte aber, dass wir quietschnass zurück ans Boot kamen. Zum Glück hatte unser Bootsnachbar unser eines vergessenes Seitenfenster zugedrückt. Ansonsten hätten wir sicherlich eine leichte Überschwemmung an Bord gehabt. Für den Abend hatten wir unsere Bootsnachbarn auf ein Gläschen Wein eingeladen, was sie gerne angenommen hatten. Es wurde ein sehr angenehmer Abend. Die beiden reisten mit Hund. Wir erfuhren etwas über die Reiseumstände unter den Bedingungen von Brexit, tauschten uns zu den jeweiligen Reiserouten aus und philosophierten über Europa und den Ukrainekrieg. Die Skipperin veröffentlicht Impressionen von der Reise über Youtube:“cruising the franch canals with our dog“. Es war ein schöner Abend, mit netten Leuten.

Am Montag sind wir zeitiger als sonst aufgestanden, da der Brite sich angeboten hatte, nach unserer Schraube zu tauchen. Tatsächlich war er gegen 8 Uhr im Wasser. Um unsere Schraube hatte sich reichlich Angeldraht gewickelt, welchen er weggeschnitten hat. Zudem hatte sich ein Stück Holz verkeilt. Nun war die Schraube wieder frei, nur längs der Welle ist noch eine Angelsehne gewickelt, die aber nicht stört. Die Briten sind dann Richtung Paris aufgebrochen. Vormittags haben wir uns noch kurz die Stadt angeschaut. Es gab nicht viel zu sehen und am Montag ist in Frankreich sowieso vieles geschlossen. Wir hätten dringend mindestens Getränke gebraucht, haben aber kein offenes Geschäft gefunden.

Als wir gegen 11:10 Uhr die Liegestelle verlassen, kommen 2 weitere britische Kähne, Scheinbar kannten sich die Crews. Auch die Neuankömmlinge waren mit Headset ausgerüstet und gingen an den Sportbootsteg.  Wir fahren nach Reuil. Ungeachtet des Ziels haben wir uns die Liegestellen zwischendurch auch angeschaut, um ggf. eine Alternative zu haben. Das wäre aber schwierig geworden, denn die Stellen waren entweder nicht attraktiv oder nicht mehr da. Die letzte Schleuse vor Reuil bietet wieder mal eine Überraschung. Es ist eine Schrägschleuse, die allerdings leicht zu schleusen ist. Man kann an einem Ponton in der Schleuse festmachen, welcher sich dann mit dem steigenden Wasser während des Schleusenvorganges hebt. Gegen 16 Uhr kommen wir in Reuil an.  Der Liegeplatz liegt an einem kleinen öffentlichen Park. Den versprochenen Strom und auch Wasser gibt es nicht mehr. Die Säule ist noch da, aber zu weit weg und demoliert. Zum Glück können wir uns in so einer Lage selbst versorgen. Wasser wäre allerdings gut gewesen. Auch hier gibt keine Lebensmittelverkaufsstellen mehr. Wir haben Reuil als Haltepunkt gewählt, weil das am anderen Ufer liegenden Örtchen OEuilli interessante Einblicke ins 19. Jahrhundert und in die Winzertradition ermöglichen soll. Im alten Haus „Maison Champenoise“ aus dem 17. Jahrhundert, sind alle Gegenstände ausgestellt, die eine Winzerfamilie zu Beginn des 20. Jahrhunderts benutzte. Darüber hinaus gibt es ein Klassenzimmer von 1900 und dann gibt es noch das Musée de la Goutte et la Tonnellerie. So beschreibt es zumindest unser Kanalführer. Nachdem wir mit unseren Rädern zu den Museen hinaufgefahren waren, mussten wir feststellen, dass diese trotz Öffnungszeit geschlossen waren. Später erfuhren wir, dass 3 Schulklassen da seien und wir deshalb nicht eingelassen werden. Langsam nervt das wirklich. Auf dem Rückweg zum Boot sehen wir noch auf einem „Event-Gelände“ eine Touristengruppe mit Senioren, die ziemlich primitiv im Stehen eine Champagner-Verkostung machen. Eine Touri-Bimmelbahn steht für den Weitertransport bereit. Auch in Reuil gibt es einen Winzer am Anderen. Unser Versuch Champagner zu verkosten oder zu kaufen scheitert. Eine Möglichkeit finden wir, dort können wir jedoch erst 17 Uhr kommen, denn man erwartet die Gruppe, die wir eben gesehen hatten.  So sind wir am Dienstag ab 11:10 Uhr schon wieder auf der Weiterfahrt. Es geht nach Épernay.

Die Strecke nach Épernay beträgt nur noch 16 km, Schrägschleusen inbegriffen. Épernay ist die Obergrenze der kanalisierten Marne. Wir machen im Wassersportclub unterhalb des Champagnerherstellers Castellane fest, der offensichtlich auch Sponsor dieser Anlage ist. Dort werden wir durch den stets präsenten Hafenmeister aufs Freundlichste begrüßt. Wir liegen super. Wir können die Sanitäreinrichtungen des Tennisclubs mitbenutzen, es gibt eine Champagnerbar und Wäsche waschen kann man auch. In Épernay ist alles auf die Champagnerherstellung ausgerichtet. Im Zentrum der 30.000 Einwohnerstadt sind alle berühmten Champagnerhäuser vertreten. Als Erstes haben wir einen Termin zur Besichtigung der Champagnerkellerei Castellane. Hierfür erhielten wir vom Yachtclub einen Gutschein. Wir gehen etwas zu spät los. Der Castellane-Turm liegt unmittelbar am Hafen, nur haben wir übersehen, dass wir den dazwischenliegenden Schienenstrang nicht direkt passieren können, sondern ca. 800 Meter bis zur Brücke vorlaufen müssen und dann entgegengesetzt auf der anderen Seite der Gleise zurück. Als wir ankommen, hat die Führung schon begonnen – in Englisch. Die Besichtigung war unheimlich imposant. Unter den Gebäuden befinden sich kilometerlange Kellergewölbe in denen der Champagner gereift und gelagert wird. Es gibt einen Fundus privater, unbezahlbarer Champagnerflaschen. Die älteste Flasche, welche ich entdeckt habe, war von 1900. Die Der Champagner ist noch nicht mit Sauerstoff in Berührung gekommen, sondern noch mit dem Erstverschluss versehen. In einer Abteilung war die Entwicklung des Flaschendrehens im Laufe der Jahre zu sehen. Als die Flaschen noch manuell gedreht wurden, schaffte ein Arbeiter am Tag 55.000 Flaschen zu drehen. Der Arbeitstag dauerte aber auch deutlich länger als heute. Am Ende der Besichtigungstour gab es ein Glas Champagner. Wir haben wieder für unsere Bar der Erinnerungen 2 Flaschen Champagner erstanden. Nach dem kühlenden Keller sind wir dann auf die Avenue de Champagne gegangen. Dort waren die berühmtesten Champagnerhäuser wie Moet et Chandon, Genard-Duchêne, Venoge und viele mehr zu entdecken. Überall wurden Verkostungen und Kauf zu hübschen Preisen angeboten. Wir waren noch bei Moet et Chandon. Dort konnten wir die Gläser ohne Füße für unseren Sekthalter nachkaufen. Und dann gab es noch eine Flasche Moet für unsere Bar der Erinnerungen. Am Abend lud der Hafenmeister zu einem Begrüßungschampagner, natürlich aus dem Hause Castellan ein. Hier lernten wir die anderen Bootseigner kennen, welche auch heute angereist waren. Es waren Briten, Australier, Niederländer und Schotten. Es war das erste Mal auf unserer langen Fahrt, dass wir so viel Austausch mit anderen Bootsfahrern aus verschiedenen Ländern hatten. Die meisten haben ihre Boote in den Niederlanden stationiert und reisen von dort aus durch Frankreich. Für Mittwoch hatten wir uns vorgenommen, unsere Wäsche zu waschen und Vorräte zu erneuern. Dem Grunde nach war Alles alle. Unsere beiden Räder waren schwer bepackt, so dass wir den Rückweg vom Supermarkt schieben mussten. Am Abend haben wir uns einen Restaurantbesuch gegönnt. Unsere Wahl war nicht optimal und vor allem sehr teuer. Allerdings haben wir gut gegessen, nur nicht typisch Französisch. Für später waren wir im Hafen mit den Australiern auf ein Gläschen verabredet. Am Ende war auch noch ein sehr nettes britisches Paar dabei und wir haben viel gequatscht, bei einer Flasche Champagner aus dem Supermarkt. So viel englisch wie in diesen Tagen habe ich lange nicht gesprochen. Es hat aber super geklappt.

Am Donnerstag war großer Abreisetag. Fast alle Boote, die mit uns gekommen waren, sind abgereist. Der Australier hatte sich angeboten, uns beim Tanken an der Supermarkttankstelle mit seinen Kanistern zu helfen. So haben wir dies gern angenommen. Frank musste mit seinem immer noch schmerzenden Rücken somit nicht den 25 l Kanister schleppen Insgesamt haben wir 165 Liter zu 1,67 Euro getankt. Gute Weiterreise für Alle.


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