Es ist der letzte Tag im Mai, als wir uns von Moret-sur-Loing Richtung Paris in Bewegung setzen. Wir haben einen Stopp bis Montag früh geplant, da ich kurz nach Hause fliege, um Mutti im Heim zu besuchen. Abends zuvor hatten wir im Yachtclub in Chartrettes angerufen und nach der Möglichkeit gefragt, dort die 4 Tage zu liegen. Wir sollten kommen, es wäre Platz, alles Weitere vor Ort. Der Mann, den wir erreichen ist nicht mehr für die Liegeplätze zuständig, aber wohl noch Clubmitglied. So Machen wir es. Wir nehmen die erste Seine-Schleuse mit zwei Frachtschiffen, die ihre Motoren nicht abstellen. Wir können steuerbord neben dem zweiten Frachter schleusen. Der oder die Schleusenwärterin gibt uns ein Daumen hoch und winkt herzlich bei unserer Ausfahrt. Das ist schon selten. Der Yachtclub liegt direkt vor der Schleuse und ist gut belegt. Wir machen am Außensteg fest. Niemand ist zu sehen oder zu erreichen. Frank gefällt das nicht, unter diesen Umständen mehrere Tage dort alleine zu liegen. Kapitän Frank entscheidet wir fahren weiter. Irgendwo finden wir schon einen Platz. Telefonisch kündigen wir uns 40 km weiter für Donnerstag im Port aux Cerises Dravil an. Wir bekommen einen Platz und dürfen ab 10 Uhr einlaufen. Von dort kommt man mit der Bahn sehr gut zum Flughafen. Für Mittwoch heißt das aber definitiv davor einen Liegeplatz zu finden. Das erweist sich als schwierig. Die Festmachstellen vor den großen Schleusen sind für unsere Bootsgröße nicht gut geeignet. Kleine Liegestellen oder Häfen gibt es unterwegs nicht. So fahren wir immer weiter. Die Schleusen haben auf diesem Stück keine betonierten Wände, sondern dicke horizontale Stahl- oder Holzplanken mit mehr als einem Meter Abstand dazwischen. Man muss aufpassen, dass sich die Fender nicht verklemmen und dass man sich in den Zwischenräumen überhaupt absichern kann. Wir sind schon wenige Kilometer vor unserem Zielhafen für Donnerstag und haben noch immer nichts zum Anlegen gefunden. In unserem Seine-Führer werden zwei Liegestellen in der Natur ausgewiesen – unsere letzte Hoffnung. Ziemlich versteckt vor der Brücke von Ris-Orangis entdeckten wir unter Bäumen einen kleinen Betonsteg. Eine Gruppe Jugendlicher badet dort und feiert. Sollen wir wirklich dort anlegen? Wir machen es. Die jungen Männer nahmen uns die Leinen ab. Sie schienen schon ganz schön was intus zu haben. Aber sie zogen mit ihren Flaschen und sonstigem Zeug ein Stück weg. Es war mittlerweile 19 Uhr und wir hatten 65 km und einige Seine-Schleusen hinter uns. Noch kam das ein oder andere Frachtschiff vorbei und machte ordentlich Welle. Nachdem ein Teil der Jugendlichen gegangen war, machten sich die Anderen ein Feuer, tranken, gestikulierten mal mehr und weniger laut, beachteten uns aber nicht. Noch bevor wir ins Bett gingen nahm einer, der mit dem Motorrad da war, einen Großteil der Flaschen und des Mülls und fuhr ab. Als wir morgens allein am Steg aufwachten, waren wir positiv überrascht. Nichts deutete auf die nächtliche Orgie hin. Alles war aufgeräumt. Wir konnten uns mit dem Frühstück Zeit lassen, da wir erst gegen 10 Uhr im Hafen sein sollten. Die Einfahrt befindet steuerbord und ist durch eine rote und grüne Tonne gekennzeichnet. Gefühlt passten wir dort gerade so hindurch. Außer der Einfahrt ist der Hafen recht großzügig und verfügt über allen Service, den man braucht. Frank ist zufrieden, weitergefahren zu sein. Ich konnte, bevor ich flog, noch eine Dusche nehmen. So kam ich entspannt los. Frank hat mich zum Bahnhof Juvisy gebracht. Wir waren hier in den südlichen Vororten von Paris. Für 4,95 Euro fuhr ich mit der Regionalbahn, bei einmal umsteigen, in ca. einer Stunde bis zum Flughafen CDG. Zurück klappte das leider nicht so gut, da die Linie ab CDG nicht fuhr. Nachdem ich durch das gesamte Terminal 2 dorthin gelangt war, musste ich die ganze Strecke wieder zurück zum Bus. Der Flughafenbus fährt nach einem Zwischenhalt am Terminal 1 durch bis Opéra. Allerdings war die Busgesellschaft auf diesen Ansturm nicht vorbereitet. Ich habe fast 2 Stunden gebraucht, um in den Bus zu steigen. Die Fahrt kostete dann knapp 15 EUR und war weniger entspannt als der Zug.

Am Montag, den 5. Juni haben wir dann die letzte Etappe nach Paris genommen. Es waren nur noch 22 km und 2 Schleusen. In der letzten Schleuse hatte uns der Schleusenwärter vergessen, nachdem er uns hinabgeschleust hatte. Erst nachdem Frank ihn noch mal angefunkt hatte, öffnete er uns das Tor. Offensichtlich war er mit der Schleusung in der anderen Schleuse beschäftigt und hatte an uns nicht mehr gedacht. Die Einfahrt nach Paris vom Süden ist nicht so spektakulär gewesen. Die Kais sind geprägt durch Baustellen und Baumateriallager. Das Baumaterial wird über die Seine angeliefert. Die Zufahrt zum Port Arsenal erfolgt über eine Schleuse. Man muss sich vorab in der Capitainerie melden. Als wir ankamen, wurden gerade 3 Boote aus dem Hafen geschleust. Dann konnten wir einfahren. Auf Rückfrage erhielten wir den Platz 119 zugewiesen. Als wir dort ankamen, lag vor uns ein schmaler Platz, in den wir unter normalen Umständen nicht eingefahren wären. Hier schon. Zentimeter für Zentimeter hat Frank das Boot vorwärts in die Lücke gesteuert. Wir mussten zu allem Übel auch noch backbord anlegen. Der Fingersteg war kurz, so dass ich gerade so abspringen konnte. Unser Festmachen sicherte uns bei der Enge der Lücke dann auch nur gegen das Vor- oder Rückwärtsverschieben des Bootes. Ansonsten war es perfekt. Der Hafen liegt unmittelbar an der Bastille und eine der Sanitäreinrichtungen nebst Waschmaschine und Trockner direkt uns gegenüber in der Kaimauer. Alles ist ordentlich und sauber.

Noch am Nachmittag drehen wir unsere erste große Runde durch die Stadt zu Fuß. Wir laufen von Bastille nach Nôtre-Dame, durch das Quartier Latin nach St. Germain des Prés, über die Seine zum Louvre und von dort langsam zurück zum Hafen.

Für Dienstag haben wir uns Tickets für das Musée d´Orsay besorgt. Leider steigen wir falsch aus der Metropolitan aus und müssen ziemlich weit laufen. Nach einigem Zickzack gelangen wir endlich von der Metropolitan Cité zum Museum. Wir sind schon das erste Mal geschafft. Nach einer halben Stunde anstehen und einer elektronischen „Handgepäck“-Kontrolle sind wir drin. Als erstes besuchen wir die Ausstellung mit Bildern von Manet und Degas, später noch Renoir und dann war es mit unserer Aufnahmefähigkeit auch schon vorbei. Wir haben noch ein wenig die weitläufigen Galerien und Skulpturenreihen durchstreift, den Speisesaal angesehen und dann war es genug. In der Mittagspause treffen wir eine deutsche Kunsthistorikerin, die im Musée d´Orsay arbeitet. Sie bestätigt uns, dass man sich beim Ausstellungsbesuch nur wenig vornehmen sollte, um die Kunstwerke auch aufnehmen zu können und wirken zu lassen. Auf unserem Programm für heute stehen noch der Eiffelturm und ggf. Montmartre. Die Wege wollen wir mit der Metropolitan erledigen. Daraus wird jedoch nichts. Es ist wieder mal Streik in Paris. Die Zugänge zur U-Bahn sind gesperrt und in den Straßen ist starke Polizeipräsenz. Also machen wir den langen Weg zum Eiffelturm zu Fuß. Sogar als Fußgänger werden wir teilweise umgeleitet, so dass wir auch noch Umwege gehen müssen. Einmal queren wir den Demonstrationszug, der friedlich aber laut durch die Straßen zieht. Ein Straßenzug weiter läuft ein Hundertschaft Polizei in voller Montur. Die Pariser, die nicht streiken, nehmen es gelassen. Die Straßen sind leer. Man sieht nur sehr viele Menschen intensiv ihre Handys befragen. Nachdem wir am Eiffelturm waren, beenden wir erschöpft unsere heutige Besichtigungstour. Wir laufen zur Metropolitan Station Iéna und fahren zurück zum Hafen. Zum Glück fährt hier die Bahn, auch wenn sie nicht an allen Stationen hält. Nach diesem anstrengenden Tag tut Frank der Rücken so weh, dass wir das Programm für Mittwoch ändern.

Eigentlich wollten wir nach Versailles. Das würde aber wiederum einen ganzen Tag Laufen bedeuten. Wir entscheiden uns für einen ruhigen Vormittag an Bord, Erledigung der Einkäufe für die Weiterfahrt und am Nachmittag für Montmartre. Wir fahren mit der U-Bahn bis Abbesses. Von dort laufen wir die Treppen zum Montmartre. Die Atmosphäre rund um den Place du Tertre ist schon toll, wenn auch sehr touristisch. Es werden jede Menge „Kunstwerke“ angeboten und man kann sich vorteilhaft oder als Karikatur zeichnen lassen. Für ein DIN A4 Bild, nach welchem wir gefragt hatten, wollte man 200 EUR haben. Wir trinken ein Gläschen Wein am Platz, gucken Leute und laufen hinunter nach Pigalle, nehmen noch einen Blick auf Moulin Rouge und fahren dann zurück um nach einem Restaurant für unser Abendessen Ausschau zu halten. Wider besseren Wissens landen wir in einer „Touri-Falle“. Kein weiterer Kommentar.

Für unseren Abreisetag aus Paris haben wir uns noch etwas besonderes aufgehoben. Wir machen mit unserem Boot eine Fahrt durch die Stadt, vorbei an den wesentlichen touristischen Highlights. Nachdem wir uns mit den besonderen Navigationsregeln bekannt gemacht haben, geht es los.  Wir passieren die Ile St.-Louis und die Ile de la Cité mit der Baustelle Notre-Dame, die vielen alten Brücken der Stadt, sehen vom Wasser aus das Musée d´Orsay, den Louvre und zu guter Letzt den Eiffelturm. Die Fahrt ist eine echte Krönung Paris Aufenthaltes. Nach dem Eiffelturm machen wir kehrt und haben alles noch mal aus einer anderen Perspektive. Zum Schluss blicken wir noch mal auf die Einfahrt zu Schleuse zum Hafen Arsenal und dann geht es in Richtung Marne. Wir verlassen Paris.


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